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Arbeitsrechtliche Streitigkeiten

Bei Streitigkeiten in Zusammenhang mit einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis können Sie beim Tribunal des prud'hommes Klage erheben.

Zuständigkeit

Aufgabe des Tribunal des prud'hommes ist es, arbeitsrechtliche Streitigkeiten zu entscheiden.

Dazu gehören insbesondere Konflikte in Zusammenhang mit der Anwendung von Bestimmungen zum Einzelarbeitsvertrag (im Sinne von Art. 319 ff. ORund zu Gesamtarbeitsverträgen sowie bei behaupteten Verletzungen des Bundesgesetzes über die Gleichstellung von Frau und Mann (GlG - RS 151.1).

Gemäss Artikel 34 der Zivilprozessordnung ist das Genfer Tribunal des prud'hommes örtlich zuständig, wenn die beklagte Partei ihren Sitz oder Wohnsitz in Genf hat oder wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer hauptsächlich im Kanton Genf gearbeitet hat.

Organisation

Im Tribunal des prud'hommes arbeiten Schlichtungsrichter/innen, 190 Richter/innen, darunter 38 Präsidentinnen und Präsidenten, die keine Berufsrichter sind, sowie Juristen und Verwaltungspersonal bei der Behandlung der Fälle eng zusammen.

Die Kanzlei des Arbeitsgerichts (Greffe du Tribunal des Prud’hommes) ist der einzige Ansprechpartner für die Rechtssuchenden. Sie koordiniert und erledigt alle in laufenden Verfahren anfallenden Verwaltungsaufgaben des Gerichts und informiert die Rechtssuchenden über konkrete Verfahren sowie über die Schritte, die diese vornehmen müssen. Sie befasst sich jedoch nicht mit rechtlichen Fragen.

Verfahren

1. Klageerhebung

Ihr Begehren muss bei der Kanzlei des Tribunal des prud'hommes oder beim Greffe universel eingereicht werden. Es kann auch per Post oder per E-Mail an das Gericht geschickt werden, letzteres allerdings nur, wenn Sie über eine qualifizierte elektronische Signatur im Sinne des Bundesgesetzes vom 18. März 2016 über Zertifizierungsdienste im Bereich der elektronischen Signatur und anderer Anwendungen digitaler Zertifikate (ZertES, SR 943.03) verfügen.

Ihr datiertes und unterschriebenes Begehren muss zwingend folgende Elemente enthalten:

  • genaue und vollständige Bezeichnung der Parteien, also Namen und Vornamen bzw. Firmenname, gültige Anschrift usw.;
  • Streitwert, d.h. den Gesamtbetrag Ihrer Forderungen ;
  • Streitgegenstand: bei einem Streitwert bis zu Fr. 30‘000.- können Sie das Formular für ein vereinfachtes Verfahren verwenden; übersteigt dagegen der Streitwert Fr. 30‘000.-, muss Ihr Begehren eine vollständige Darstellung der Tatsachen, aus denen Sie Ihre Forderung herleiten, einschliesslich Angabe der Beweismittel enthalten;
  • nützliche Unterlagen wie etwa Arbeitsvertrag, Kündigungsschreiben, Lohnabrechnungen usw.

Antragsformular herunterladen

2. Schlichtung

Unter Vorbehalt gesetzlich vorgesehener Ausnahmen muss jedem Gerichtsverfahren ein Schlichtungsversuch vorausgehen. Diese Schlichtungsverhandlung wird von einer Schiedsrichterin oder einem Schiedsrichter geleitet und hat nach Möglichkeit innert 2 Monaten ab Klageerhebung stattzufinden. Die beklagte Partei erhält mit der Vorladung eine Kopie der Klage.

Die Parteien müssen persönlich zur Schlichtungsverhandlung erscheinen und können sich von einer nahestehenden Person (Vertrauensperson), einer Anwältin, einem Anwalt oder einem beruflich qualifizierten Bevollmächtigten (z. B. Gewerkschaftssekretär/in) unterstützen lassen, die sie nötigenfalls während des gesamten Verfahrens begleitet.

In Ausnahmefällen können Sie sich bei der Schlichtungsverhandlung vertreten lassen.

Am Ende der Schlichtungsverhandlung gibt es 2 Möglichkeiten:

  • entweder wird eine Einigung erzielt.

Diese wird in das Schlichtungsprotokoll aufgenommen, das einem Urteil gleichkommt und von dem die Parteien Kopie erhalten.

  • oder die Schlichtung scheitert.

Dann erhalten Sie eine Klagebewilligung, mit der Sie innert 3 Monaten Ihr Begehren beim zuständigen Gericht anhängig machen können.

Wenn der Streitwert Fr. 2‘000.- nicht übersteigt, kann die Schlichtungsbehörde auf Ihr Ersuchen hin einen Entscheid fällen, gegen den jede Partei Einspruch erheben kann.

In bestimmten Fällen kann die Schlichtungsbehörde einen Urteilsvorschlag formulieren, gegen den jede Partei innerhalb von 20 Tagen Einspruch erheben kann. Gegebenenfalls erteilt die Schlichtungsbehörde der klagenden Partei dann eine Klagebewilligung.

3. Verfahren vor Gericht

Das Gericht setzt sich aus einer Richterin oder einem Richter, die/der die Funktion einer Präsidentin oder eines Präsidenten ausübt, und 2 Richterinnen oder Richtern (je ein Vertreter der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmerseite) zusammen.

Nach Eingang des Begehrens und der Klagebewilligung sowie der einschlägigen Unterlagen übermittelt das Gericht der beklagten Partei eine Abschrift und setzt ihr eine Frist für eine schriftliche Klageantwort.

Das Verfahren läuft dann in 4 Schritten ab:

1/ Untersuchung (vorbereitende Massnahmen zur Vervollständigung der Akte);

2/ Beweisführung (Anhörung der Parteien und allfälliger Zeugen);

3/ Parteivorträge (Bestätigung der Parteienstandpunkte);

4/ Beratungen des Gerichts (in Abwesenheit der Parteien).

 

4. Zustellung des Urteils

Am Ende des Verfahrens fällt das Gericht ein Urteil, das den Parteien per Einschreiben zugestellt wird.

Streitigkeiten betreffend die Gleichstellung von Frau und Mann

Diese werden nach dem Bundesgesetz über die Gleichstellung von Frau und Mann (GlG - SR 151.1) entschieden, das die Gleichstellung von Frauen und Männern im Erwerbsleben fördern soll. Schlichtungs- und Gerichtsverfahren sind in diesen Fällen völlig kostenlos, unabhängig von der Höhe des Streitwerts.

Wird eine Klage auf dieses Gesetz gestützt, setzt sich die Schlichtungsbehörde aus einer Schiedsrichterin oder einem Schiedsrichter, die/der den Vorsitz führt, und 2 Beisitzerinnen oder Beisitzern zusammen, und zwar einer Arbeitnehmerin und einem Arbeitgeber oder umgekehrt. Diese «doppelte Parität» ist vor Gericht ebenfalls gewährleistet.

Auf das Gleichstellungsgesetz gestützte Fälle laufen nach dem vereinfachten Verfahren ab.

Kosten des Verfahrens

Verfahren vor der Schlichtungsstelle sind unabhängig von der Höhe des Streitwerts kostenlos.

Ebenfalls kostenlos sind Verfahren vor dem Tribunal des prud'hommes mit einem Streitwert von bis zu Fr. 75'000.- sowie alle Klagen nach Gleichstellungsgesetz. Übersteigt der Streitwert Fr. 75‘000.-, müssen Sie unmittelbar vor Prozessbeginn einen Kostenvorschuss leisten.

Alle anderen Kosten, wie z. B. Anwaltshonorare, gehen dagegen zu Ihren Lasten, vorbehaltlich der Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.

Formulare

Nachfolgend finden Sie Formulare und Informationen zur Einreichung eines Schlichtungsbegehrens sowie das Formular für den Antrag auf ein vereinfachtes Verfahren nach Klagebewilligung und bei einem Streitwert bis zu  Fr. 30'000.-.

Die ausgefüllten Formulare und alle anderen Dokumente müssen in so vielen Kopien eingereicht werden, wie Parteien am Verfahren beteiligt sind.

Wenn Sie z. B. nur gegen eine beklagte Partei vorgehen, müssen Sie 2 Ausfertigungen einreichen, bei 2 beklagten Parteien 3 Ausfertigungen usw.

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Tribunal des prud'hommes
Case postale 3688
1211 Genève 3

Fragen/Antworten

In bestimmten Fällen (z. B. Krankheit, Wohnsitz oder Aufenthalt im Ausland) kann sich eine Partei bei der Verhandlung durch eine nahestehende Person, eine Anwältin, einen Anwalt oder einen anderen beruflich qualifizierten Bevollmächtigten vertreten lassen, wenn sie den Grund der Verhinderung glaubhaft nachweist.

Juristische Personen können sich durch eine Person vertreten zu lassen, die gemäss Gesetz und Statuten befugt ist, das Unternehmen zu verpflichten.

In beiden Fällen ist es unerlässlich, bei der Kanzlei vor der Verhandlung einen entsprechenden Antrag zu stellen und die Gegenpartei zu informieren.

Das Tribunal des prud'hommes ist nur für privatrechtliche Streitigkeiten aus einem Arbeitsverhältnis zuständig.

Streitigkeiten zwischen der öffentlichen Verwaltung und ihren Angestellten werden nicht vor dem Tribunal des prud'hommes, sondern vor der Chambre administrative de la Cour de justice entschieden.

Für Streitigkeiten mit kantonalen oder eidgenössischen Sozialversicherungen ist in der Regel die Chambre des assurances sociales de la Cour de justice zuständig.

Sowohl die Entscheide der Schlichtungsbehörde als auch die des Gerichts können gemäss den Vorgaben der Rechtsmittelbelehrung angefochten werden.

Nein, es wird aber empfohlen, insbesondere wenn Ihr Fall komplex ist.

Verfahren vor der Schlichtungsbehörde sind unabhängig von der Höhe des Streitwerts kostenlos. Übersteigt der Streitwert vor Gericht Fr. 75‘000.-, müssen Sie je nach seiner Höhe einen Kostenvorschuss gemäss Art. 69 Règlement fixant le tarif des greffes en matière civile (RTFMC - E 1 05.10) zahlen; vorbehalten sind Streitigkeiten nach Gleichstellungsgesetz, die kostenlos sind.

Streitwert von Fr. 75'001.- bis 100'000.- / Kosten zwischen Fr. 200.- und 2'000.-

Streitwert von Fr. 100'001.- bis 300'000.- / Kosten zwischen Fr. 1'000.- und 3'000.-

Streitwert von Fr. 300'001.- bis 1'000'000.- / Kosten zwischen Fr. 2'000.- und 8'000.-

Streitwert über Fr. 1'000'001.- / Kosten von Fr. 10'000.-

Siehe auch

Tribunal des prud'hommes

Das Tribunal des prud'hommes befasst sich mit Streitigkeiten, die sich aus einem zivilrechtlichen Arbeitsvertrag ergeben.

Unentgeltliche Rechtspflege

Fehlen Ihnen die finanziellen Mittel, um die in einen Gerichtsverfahren anfallenden Gerichtsgebühren sowie die Kosten Ihres anwaltlichen Beistands zu begleichen, können Sie unter bestimmten Voraussetzungen unentgeltliche Rechtspflege in Anspruch nehmen.

Ablauf einer Mediation

Die Mediation ist ein Verfahren der Konfliktlösung, bei dem eine Mediationsperson als neutrale, unparteiische und unabhängige dritte Partei die Kommunikation zwischen den Parteien erleichtert und sie darin unterstützt, selbst eine faire und dauerhafte Lösung für ihre Konflikte zu erarbeiten.

Juristische Bereitschaftsdienste und Rechtsberatung

Die Genfer Justizbehörden bieten keine Rechtsberatung an. Wenden Sie sich an die folgenden Vereine und Institutionen.