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Zeitreise durch den Genfer Justizpalast

Für einen Rundgang durch die symbolträchtigen Räume des Genfer Justizpalastes mit seiner Jahrhunderte alten Geschichte folgen Sie diesem Reiseführer und Zeitzeugen.

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Können Sie sich vorstellen, am selben Ort römische Fresken, ein Kloster aus dem 15. Jhd., ein Spital aus dem 18. Jhd., eine Wohltätigkeitsinstitution, wo u.a. ausgesetzte Kinder versorgt wurden, ein Gefängnis und schliesslich einen Justizpalast zu finden? Diesen Ort gibt es: Er liegt vor Ihnen!

So unterschiedlich diese Funktionen sein mögen, es gab sie hier tatsächlich zu verschiedenen Zeiten. Treten sie also ein und lassen Sie sich durch diesen eng mit der Genfer Geschichte verwobenen Gebäudekomplex führen.

1 - Römische Überreste

Die archäologischen Funde
 

Anlässlich der Sanierung dieses Gebäudeteils, « Bâtiment de Saint-Antoine » genannt, und der Erweiterung des Gerichtsgebäudes – die neuen Räumlichkeiten wurden 1995 eingeweiht – wurden auch archäologische Grabungen im Innenhof zwischen der Gebäuderückseite und dem ehemaligen Gefängnis durchgeführt. Dabei konnten die Archäologen interessante Überreste aus römischer Zeit ausgraben.

Die Renovierungsarbeiten im Untergeschoss des « Bâtiment de Saint-Antoine » haben bestätigt, dass sich an dieser Stelle eine zwischen 20 und 40 n.u.Z. errichtete luxuriöse römische Residenz sowie Becken des Thermenbereichs einer römischen Villa befanden.

Die meisten der freigelegten Freskenteile stammen von bemalten Wänden ;ungefähr 700 Einzelteile konnten zu einem grossen Puzzle zusammengefügt werden. Diese dekorativen Ornamente schmückten die Wände der Kolonnaden einer 30 Meter langen und 16 Meter breiten Säulenhalle. Allein schon diese Ausmasse genügen, um sich der Bedeutung des Bauwerks bewusst zu werden.

  • Römisches Fresko in der Halle von Gebäude G. Photo: Stéphane Etter

Dieser archäologische Fund führt eindringlich die Gemeinsamkeiten vor Augen, die damals im Bereich der Kunst Genf mit der Provinz Gallia Narbonensis verbanden, findet man doch ganz ähnliche Wanddekorationen im gesamten Rhônetal.

Restaurierung

Erklärungstafeln zu den römischen Überresten finden Sie in der Wandelhalle des Justizpalastes.

  • Einzelheiten des römischen Freskos in der Halle von Gebäude G. Photo: Pouvoir judiciaire

Gaius Iulius Caesar

2 - Kloster

Das Kloster Sainte Claire (1474)

 

An der Stelle des heutigen Justizpalast liess die fromme Herzogin Yolande, Regentin von Savoyen und Schwester des französischen Königs Ludwig XI, im Jahre 1474 ein der heiligen Klara von Assisi geweihtes Kloster erbauen.

Das Leben der Klarissen unterlag einer besonders strengen Regel (u.a. vollständige Armut). Zwar wurden sie in gewissem Masse von den Behörden unterstützt, müssten allerdings im Gegenzug für den Wohlstand der Stadt beten. Als Genf sich jedoch der Reform anschloss, hatte diese « Harmonie » ein Ende. Die Klarissen verliessen das Kloster, nachdem es 1535 geplündert worden war, und suchten im nahen Annecy Zuflucht.

Inzwischen ist das ehemalige Kloster für die Bedürfnisse der Justiz (Gerichtssäle, Büros) grundlegend umgebaut worden.

Doch sei darauf hingewiesen, dass das Genfer Obergericht (Cour de justice) in einer Kapelle des ehemaligen Klosters tagt.

Hier ist immer noch die gotische Arkade zu sehen, die die Kapelle von der Klosterkirche trennte und unter der die Richter hindurch gehen, wenn sie den Sitzungssaal betreten.

  • Sitzungssaal des Genfer Obergerichts. Photo:Think Utopia

Jeanne de Jussie

3 - Spital

Spital (1535)

Nach Einführung der Reform im Jahre 1535 wurde das Kloster in ein « Hôpital général » genanntes Krankenhaus mit Hospiz umgewandelt, das nicht nur Kranke, sondern auch Bedürftige aufnahm.

Das allgemeine Erscheinungsbild des Klosters änderte sich zu dieser Zeit nicht. Die Kirche blieb weiterhin Kirche, allerdings jetzt eine protestantische, und der Kreuzgang wurde zum Schlafsaal.

  • Ehemaliges Klarissenkloster, als Krankenhaus genutzt. Stich von 1655. BGE 16M 03.

Neues Spital (1712)

Die Enge der Räumlichkeiten – und das Ansehen der Republik – veranlassten die Behörden jedoch, an der  selben Stelle ein neues Krankenhaus zu errichten, das recht imposant gewesen sein muss. Der 1709 begonnene Bau wurde 1712 fertiggestellt. Nur die Klosterkirche blieb erhalten und diente weiterhin ihrem ursprünglichen Zweck. Um sie jedoch in den mehrstöckigen Neubau integrieren zu können, mussten ihr hohes Gewölbe und der Glockenturm abgetragen werden.

  • Grundriss des neuen Spital von J.P.Guillebaud : 1. Stock und Teil des Gartens, 1835. CHAEG Archives hospitalières Ee 19.1

Von der « Discipline » zum Gefängnis Saint-Antoine (1712-1977)
 

Zum Spital gehörte auch eine « La Discipline » genannte Besserungsanstalt, in der « nicht in die Gesellschaft integrierte » Personen eingesperrt wurden, etwa Arbeitsscheue, Bettler und natürlich Straftäter.

Das Zusammenleben mit den anderen Insassen des Krankenhauses liess jedoch Befürchtungen wach werden, dass das Spital von negativen Einflüssen infiziert werden könnte.

  • Ehemalige Besserungsanstalt: Aufriss der Nordwestfassade, 1906. CHAEG Travaux B 18/1

Aus diesem Grund wurde gleichzeitig mit dem neuen Spital eine von diesem unabhängige, 1712 vollendete Besserungsanstalt errichtet. Seit 1866 Prison de Saint-Antoine genannt, diente sie verschiedenen Zwecken; zuletzt war sie Untersuchungsgefängnis.

Ursprünglich als vorläufig geplant, dauerte dieser Zustand mehr als ein Jahrhundert an, nämlich bis zur Eröffnung des neuen Gefängnisses von Champ-Dollon im Jahre 1977.

Jean-Louis Marcinhe

4 - Justizpalast

Das Spital des 18. Jhd., grosszügig und luftig konzipiert und um zwei Innenhöfe angeordnet, beherbergt seit 1860 die Genfer Justiz.

Nach Fertigstellung des neuen Kantonsspitals 1856, das das alte Spital ersetzte, wurde der Umzug der Gerichte beschlossen, die vorher in den beengten Räumlichkeiten des Rathauses untergebracht waren.

  • Sitzungssaal des Zivilgerichts im 1. Stock des Nordgebäudes, eingerichtet zwischen 1910 und 1914.

Georges Navazza

Broschüren

Hier können Sie die Broschüren zur Geschichte des Justizpalastes herunterladen.

 

Siehe auch

Ein wenig Geschichte

Dieser Abschnitt befasst sich kurz mit der Geschichte der Genfer Judikative, mit ihren Zuständigkeiten und Dienstleistungen, ihren Richterinnen, Richtern, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten sowie mit Fragen, die den Bereich der Justiz betreffen.